Stellungnahme des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache – Internationales Rombergpark-Komitee e.V. in Dortmund, zum Beschluss des Kreistages Gütersloh, der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) die Förderung zu versagen

Die Gedenkstätte in Stukenbrock ist nach dem Beschluss des Gütersloher Kreistages Anfang Oktober d.J. in ihrem Fortbestand bedroht. Wir Dortmunder haben die nachfolgende Stellungnahme abgegeben und an die örtlichen Beteiligten verschickt. Gleichzeitig haben auch unsere MdB Sabine Poschmann und Jens Peick sowie MdL Anja Butschkau diese Stellungnahme erhalten. 

Der Kreistag Gütersloh hatte den jährlichen Zuschuss zu den laufenden
Kosten der neuen Gedenkstätte abgelehnt, mit den Stimmen der CDU, Freien
Wählervereinigung und der AfD. Somit ist der Ausbau der
jetzigen Gedenkstätte, die wir noch am 2. September besucht haben,
gescheitert. Mit der Ablehnung des jährlich notwendigen örtlichen
Betriebskostenzuschusses sind auch hohe Bundeszuschüsse, die für die
Neukonzeption der Gedenkstätte nötig sind, in Gefahr.

Gerade in diesen Zeiten ist der Mehrheitsbeschluss, der mit den Stimmen
der AfD zustande kam, nicht hinzunehmen. Erschreckend ist, dass die CDU im
Kreistag Gütersloh gemeinsam mit der AfD eine Haltung einnimmt, wie es führende
Vertreter der AfD zur Kehrtwendung in der Erinnerungsarbeit tun. Hier nun die Stellungnahme:

Leider mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass die neue Gedenkstätte des Stalag 326 (VI K) keine mehrheitliche Zustimmung im Kreistag Gütersloh erhält. Die CDU hat mit den Stimmen von AfD und FWD/UWD eine zukünftige Beteiligung an den Betriebskosten abgelehnt. Damit steht die lange geplante Neukonzeption und Erweiterung der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) vor dem Aus und die Gedenkstätte ist sogar in ihrer Existenz gefährdet.

Mit der seit mehreren Jahren geplanten Neukonzeption und Erweiterung der Gedenkstätte 326 (VI K) haben wir in Dortmund die Erwartung verbunden, dass die Arbeit der Gedenkstätte ausgeweitet und in noch größerem Maße zu einem Ort der politischen Bildung und der Forschung wird. In Dortmund und im Ruhrgebiet besteht ein besonderes Interesse an einer Gedenkstätte im ehemaligen Stalag 326 (VI K) Senne. Dieses Interesse zeigte sich z.B. in regelmäßigen Besuchen der Gedenkstätte und der Teilnahme an Gedenkstunden auf dem Friedhof des Stalag VI K durch die Mitglieder des Fördervereins Gedenkstätte Steinwache – Internationales Rombergpark-Komitee. Erst im vergangenen Monat hat eine Gruppe aus Dortmund die Gedenkstätte besucht. Dieses Interesse kommt nicht von ungefähr. Zwischen dem Stalag VI K und den Kriegsgefangenenlagern im Ruhrgebiet und in Westfalen gab es enge Verbindungen.

Bereits im September 1941 kamen sowjetische Kriegsgefangene aus dem Stalag VI K Senne in das Stalag VI D nach Dortmund. Ab Herbst 1942 wurden im Ruhrgebiet und Westfalen sowjetische Kriegsgefangene in großer Zahl eingesetzt. Dies geschah auf Verlangen von Vertretern des Ruhrbergbaus und der Stahlindustrie, denn durch die zunehmende Einberufung von Männern zur Wehrmacht bestand ein großer Arbeitskräftemangel. Das Stalag VI K wurde Musterungs- und Registrierungslager für sowjetische Kriegsgefangene. Von hier aus wurden die als arbeitsfähig befundenen Männer in die Stalags VI D Dortmund und VI A Hemer und von dort in die Arbeitskommandos auf den Zechen und in den Betrieben und Werken im Ruhrgebiet und in Westfalen gebracht. Das Stalag VI K war damit ein zentraler Ort für die Zuweisung von Arbeitskräften. Auf den Zechen des Ruhrgebiets waren ab 1943 bis zu 50 % aller Zwangsarbeiter sowjetische Kriegsgefangene. Sowohl der massenhafte Einsatz von sowjetischen Kriegsgefangenen im Ruhrgebiet und in Westfalen, als auch das harte Schicksal dieser Männer war lange Zeit im öffentlichen Bewusstsein wenig präsent.

Der jahrzehntelangen, engagierten Arbeit der Mitarbeiter*innen der Gedenkstätte Stalag 326 (VI K) Senne ist es zu danken, dass das Schicksal der sowjetischen Kriegsgefangenen erforscht und bekanntgemacht wurde. Die Pläne für die Erweiterung und die Neukonzeption der Gedenkstätte haben wir als Förderverein Gedenkstätte Steinwache – Internationales Rombergpark-Komitee in Dortmund mit großem Interesse und mit großer Anteilnahme verfolgt. Eine solche Gedenkstätte ist aus den oben erwähnten Gründen für die Erinnerungsarbeit im Ruhrgebiet von herausragender Bedeutung. Sie kann zukünftig für die öffentliche Wahrnehmung von Zwangsarbeit im Ruhrgebiet während des 2. Weltkriegs ebenso wie für ihre weitere Erforschung von großer Wichtigkeit sein. Das jetzige Aus haben wir daher mit Empörung und Unverständnis zur Kenntnis genommen. Hier wird aus unserer Sicht eine Chance vertan.

Wir fordern daher den Kreistag in Gütersloh auf, seinen jetzigen Beschluss zu revidieren und der Gedenkstätte die erforderliche Unterstützung zu geben.

Dortmund, den 04.10.2023

gez. Georg Deventer

Vorsitzender des Fördervereins

gez. Hanne Tölke

Stellvertretende Vorsitzende des Fördervereins