Gelungene Erneuerung der Erinnerungsarbeit

Das Gedenken an die Opfer der Dortmunder Karfreitagsmorde von 1945 hat die Umstellung vom gemeinsamen Erinnern mit Zeitzeugen auf das Erinnern weitgehend ohne Zeitzeugen gut überstanden. Es bewährte sich, dass sich das Internationale Rombergparkkomitee mit dem Förderverein Gedenkstätte Steinwache zusammenschloss und nun gleichberechtigter Partner der Stadt Dortmund ist.

Und auch die Veränderungen bei der Großkundgebung am Karfreitag, dem 22. April: Die Worte aus Frankreich nun als schriftliche Grußbotschaft, die Rede des Vorsitzenden des vereinten Komitees, die wieder einmal stärkere Beteiligung an der Kundgebung und am Heinrich-Czerkus-Gedächtnislauf, der Jugendchor, die gemeinsam mit Gisa Marschefski vorbereiteten Worte der Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Gesamtschule vor allem auch zum Arbeiterwiderstand – dies alles waren hoffnungsvolle Signale für ein gelungenes Hinüberwachsen der Erinnerungsarbeit in eine Phase notwendiger Veränderungen.

Erste Vollsitzung des neuen Vereins

Auf der Grundlage einer neuen gemeinsamen Satzung kam der „Förderverein Gedenkstätte Steinwache / Internationales Rombergparkkomitee“ am Gründonnerstag, dem 21. April 2011, zu seiner ersten Vollsitzung zusammen, und zwar im traditionsreichen Versammlungsraum der Steinwache. Die Teilnehmer kamen aus dem Ruhrgebiet und aus den Niederlanden. Die Mitglieder aus Russland, Polen und Frankreich grüßten aus der Ferne und kündigten an, bei künftigen Vollsitzungen wieder dabei zu sein.

Gisa Marschefski (Ehrenvorsitzende), Norbert Schilff (stellvertretender Vorsitzender) und Ulrich Sander (Vorstandsmitglied) führten durch die Tagesordnung. Das Treffen wurde musikalisch eingeleitet durch den Dortmunder Musiker Reinhard Timmer, der ein Lamento, eine Hommage an die soeben mit dem Bundesverdienstkreuz geehrten Edelweißpiraten und ein traditionelles Liebeslied vortrug.

Eine lebhafte Diskussion entspann sich nach dem Referat von Dr. Ulrich Schneider aus Kassel (Generalsekretär der Föderation des Internationalen Widerstandes FIR) zum Thema „Geht Europa nach rechts?“. Eine Zusammenfassung des Referats findet sich hier.

In der Diskussion zum Referat wurde die Frage aufgeworfen, wie der antifaschistische Konsens von 1945 wiederhergestellt werden kann.
Thematisiert wurden:
– Die Notwendigkeit, die Rolle der Europäischen Volkspartei und darin die Rolle der CDU als führendes EVP-Mitglied bei der gefährlichen Rechtsentwicklung in Europa zu verdeutlichen.
– Das Phänomen, dass in Frankreich Kriege populär sind, in Deutschland aber die Regierung vor neuen Kriegsbeteiligungen immerhin zurückschreckt und auf die Bevölkerung Rücksicht nimmt.
– Die Bedeutung der großen Krise für die Rechtsentwicklung und damit die Gefahr erneuter Versuche von Krisenauswegen mittels scharfen Rechtskurses.
– Das Verhältnis des Sarrazinismus (oder besser -zynismus) zu den deutschen und europäischen Rechten und die Möglichkeit, dass sich eine Rechtsentwicklung in Deutschland weniger mittels NPD etc. Bahn bricht als durch die rechte Radikalisierung der Mitte.
– Die Funktion der Extremismus-Kampagne der Bundesregierung im Kontext der europäischen Entwicklung, um mittels Gleichsetzung von linken Antifaschisten mit Faschisten zu einer Geschichtsrevision und einem rechten Auftrieb zu gelangen.
– Die Rückkehr des Antiziganismus und anderer Formen des Rassismus im Zusammenhang mit der neuen Reisefreizügigkeit innerhalb der Europäischen Union.

Im weiteren Verlauf der Aussprache wurde zur Entwicklung der fragwürdigen Rolle Dortmunds als neofaschistischer Brennpunkt Stellung genommen. Glücklicherweise gebe es in Dortmund eine breite Ablehnung gegenüber den Faschisten. Die Vorbereitungen zur Abwehr der Neofaschisten am 3. September 2011 wurden begrüßt.

Die Tatsache, dass mit der Karfreitagstradition sowohl in der Bittermark als auch mit den Gründonnerstagstreffen in der Steinwache die Zusammenarbeit der antifaschistischen Linken verschiedener Parteizugehörigkeiten manifestiert wurde, ist ein ermutigendes Zeichen. Norbert Schilff fasste es zusammen: „Dass Dortmund zum Zentrum der Nazis werden konnte, ist eine Schande für die Stadt. Aber hervorzuheben ist der Konsens des Antifaschismus, der seit dem Kalten Krieg besteht und durch diesen nicht zerstört werden konnte, der Konsens der Kräfte von der SPD bis weit links von der SPD. Ja, man kann fast von einer Volksbewegung gegen Rechts sprechen. Die Forderung der CDU nach Ausgrenzung der Linken im Antifaschismus wird nicht zum Zuge kommen.“

Weitere Kundgebungen in Huckarde, Lünen, Brackel und Lippstadt

Von der antifaschistischen Gemeinsamkeit waren dann auch die Kranzniederlegungen mit Kurzansprachen in Huckarde, Lünen, auf dem Internationalen Friedhof Brackel und in Lippstadt geprägt, und dann schließlich die große Kundgebung in der Bittermark mit dem neuen Vorsitzenden Ernst Söder als Redner und Bürgermeisterin Birgit Jörder als Rednerin der Stadt.

Gemeinsam Widerstand leisten!

Die Reden der Schülerinnen und Schüler der Geschwister-Scholl-Gesamtschule Dortmund


Sehr geehrte Damen und Herren!

Wir, die Schüler der Geschwister-Scholl-Gesamtschule, haben uns mit den Verbrechen im Rombergpark und in der Bittermark beschäftigt und kurze Beiträge für diesen besonderen Gedenktag verfasst. Mein Name ist Jana Seifert, und ich werde Ihnen meine Mitschüler und ihre Beiträge vorstellen.

Zwischen dem 7. März und 12. April 1945 wurden in Dortmund 300 Menschen ermordet – auch an diesem Ort. Die Opfer wurden gefoltert und erschossen. Um diese Verbrechen nicht zu vergessen, wurde das Mahnmal hier in der Bittermark errichtet.

Als erstes wird uns Nathalie Beier über einige Widerstandsgruppen und verschiedene Formen des Widerstands berichten. Janina Herwig und Alina Müller wollen einige der Opfer würdigen. Zunächst geht es um Heinrich Czerkus. Dann um Erich und Karl Mörchel. Dazu trafen sie sich mit Gisa Marschefski, der Tochter von Erich Mörchel und ehemalige Generalsekretärin des Internationalen Rombergparkkomitees.

Als nächstes wird Kimberly Zolper von der Lage der Zwangsarbeiterinnen und -arbeiter in Dortmund von 1939 bis 1945 berichten. Annika Wessing wird uns über die Widerstandsgruppe „Die weiße Rose“ informieren, denn die Namensgeber unserer Schule, die Geschwister Scholl, sind für uns wichtig. Das abschließende Wort hat unser Schülersprecher Luca Fröhlich.


Politisch motivierter Widerstand

Uns ist es wichtig, den politisch motivierten Widerstandskämpfern zu gedenken. Sie kamen aus der Kommunistischen Partei Deutschlands, der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, der Sozialistischen Arbeiterpartei und den Gewerkschaften. Die Widerstandskämpfer wurden verhaftet, gefoltert, misshandelt und mussten oft im Kampf gegen das NS-Regime ihr Leben lassen.

Dabei haben vor allem die Mitglieder und Sympathisanten der KPD unsere Anerkennung verdient, weil sie am stärksten von der politischen Verfolgung durch die NSDAP betroffen waren. Allein in Dortmund zählten 1260 Kommunisten zu den politisch Verfolgten.

Mehrere Gruppen, die im Widerstand aktiv waren, schlossen sich zu Widerstandskreisen zusammen. Dazu gehörten die Sozialdemokraten, die Kommunisten, die Gewerkschaften, die Oppositionellen des Militärs und die Geistlichen. Gemeinsam druckten sie Anklagen und Informationen gegen die Nazi-Diktatur. Die Flugblätter und Schriften wurden zum Beispiel auf Klebezetteln oder durch die Post verbreitet.

Die „Winzen-Gruppe“ oder „Neuer Sozialismus“, benannt nach dem Kopf der Gruppe, Paul Winzen, war eine Dortmunder Widerstandsorganisation. Die Widerstandskämpfer trafen sich regelmäßig illegal in verschiedenen Wohnungen, druckten antinazistische Flugblätter und hörten ausländische Rundfunksendungen ab. Ihnen drohte bei der Verhaftung unter anderem das Todesurteil wegen Hochverrats. Zwei Mitglieder dieser Gruppe wurden in Berlin-Plötzensee mit dem Fallbeil hingerichtet.

Die stärkste Waffe des Widerstandes stellte die Veröffentlichung von antifaschistischer Literatur dar, mit der man versuchte, Wissen und Informationen weiterzugeben und eine möglichst breite Masse des Volkes über das Wesen des NS-Unrechtsregimes aufzuklären. Auf diese Weise wurde der Bevölkerung vermittelt, dass Widerstand existierte. Die Widerstandskämpfer ermutigten sich auch gegenseitig, weiterzumachen und für ihre Rechte und die ihrer Mitmenschen einzustehen.


Frauen im Widerstand

Auch Frauen beteiligten sich im Kampf gegen den Nationalsozialismus. Viele von ihnen leisteten aus ganz verschiedenen Gründen Widerstand, so zum Beispiel aus religiösen Gründen, persönlicher Gewissensnot oder aber aus politischen Gründen.

An dieser Stelle möchte ich eine Frau besonders hervorheben, ihr Name war Martha Gillessen. Die politisch motivierte Kommunistin und dreifache Mutter nahm, mutig wie sie war, den Kampf gegen das Nazi-Regime auf, verbreitete Broschüren gegen die Nazis und wurde daraufhin von der Gestapo festgenommen. Martha Gillessen wurde am 19. April 1945 tot im Rombergpark aufgefunden. Sie stellt ein Beispiel für die Frauen dar, die während der Nazi-Diktatur nicht nur Zivilcourage zeigten, sondern auch bereit waren, im Kampf gegen den Nazi-Terror mit ihrem Leben zu bezahlen.


Das Stauffenberg-Attentat

Das Attentat des Grafen Schenk von Stauffenberg vom 20. Juli 1944 steht für den militärischen Widerstand. Wilhelm Canaris, ein gebürtiger Aplerbecker, förderte diese konservativen Widerstandskreise als Leiter des militärischen Nachrichtendienstes. Mit Hilfe seines Amtes ermöglichte Wilhelm Canaris vielen politisch Verfolgten die Flucht ins Ausland. Ihm zu Ehren ist eine Straße im Kern des Bezirks Aplerbeck benannt. Nach dem Attentat wurde er von der SS verhaftet und am 9. April 1945 im KZ Flossenbürg erhängt.


Widerstand in der Bevölkerung

Mit Kriegsbeginn wuchs auch die Skepsis der Bevölkerung hinsichtlich der Maßnahmen und Pläne des NS-Regimes. Daher stieg in der darauffolgenden Zeit auch das Verlangen nach alternativen Informationen an, statt nur auf die übliche Propaganda angewiesen zu sein, die von der Regierung verbreitet wurde. Ein Teil der Bevölkerung hörte daher heimlich ausländische Radiosendungen ab, was zum Teil mit KZ-Haft, aber auch mit der Todesstrafe geahndet wurde.

Auch Jugendliche engagierten sich im Widerstand. So entstand in der Gegnerschaft zur Hitlerjugend auch in Dortmund eine Protestbewegung junger Leute, die sich „die Edelweißpiraten“ nannte. Sie fielen vor allem durch ihre antifaschistischen Aktionen auf. Auch das Verteilen von Flugblättern gehörte dazu. Die Jugendlichen wurden von der Gestapo verfolgt, verhaftet, gefoltert und ermordet.


Widerstand aus christlicher Verantwortung

Auch den Mitgliedern der Kirchen im Widerstand bewahren wir ein ehrendes Gedenken, weil auch sie mit Schutzhaft, Konzentrationslager und Hinrichtung bedroht und ermordet wurden.

Mutige Predigten, offizielle theologische Stellungnahmen und anklagende Hirtenbriefe, in denen man sich kritisch gegenüber dem Nationalsozialismus äußerte, sollten den Menschen die Augen öffnen. Der kirchliche Widerstand blieb bis zum Ende des Krieges bestehen, wobei er sich aber bewusst auf den kirchlichen Bereich beschränkte.

All diese mutigen Menschen, die unter Einsatz ihres Lebens die Initiative ergriffen, die für einen Staat gekämpft haben, der Freiheit und Gerechtigkeit schützt und garantiert – die Widerstandskämpfer und -kämpferinnen – sollten auch meiner Generation als Vorbild dienen.


Heinrich Czerkus

Als erstes möchte ich die Teilnehmer des Heinrich-Czerkus-Gedächtnislaufs begrüßen, die heute die Strecke vom Stadion Rote Erde bis hierher zur Bittermark zurückgelegt haben.

Aber wer war Heinrich Czerkus überhaupt, dass jedes Jahr zu Karfreitag ein Gedächtnislauf zu seinen Ehren stattfindet? Und am Trainingsgelände des BVB in Brackel gibt es die Heinrich-Czerkus-Allee.

Heinrich Czerkus wurde am 27. Oktober 1894 in Münne, Westfalen, geboren. Seit 1920 war er Mitglied in der KPD und seit 1924 auch als Funktionär im Unterbezirk Dortmund. Im Jahre 1933 wurde er zum Vertreter der KPD in das Dortmunder Stadtparlament gewählt. Dieses Mandat konnte er aber nicht mehr ausüben, weil die Nazis an der Macht waren.

Besonders bekannt wurde er, weil er bis 1937 Zeugwart bei Borussia Dortmund war. Czerkus nutzte diese Position für den Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Er fertigte und verteilte Flugblätter mit kommunistischen Parolen. Diese Flugblätter fertigte er teilweise mit der Vervielfältigungsmaschine des BVB an.

Heinrich Czerkus schaffte es lange, vor der Gestapo zu fliehen, und wurde erst 1945 bei einer Verhaftungswelle festgenommen. Er wurde daraufhin in das Auffanglager am Hörder Bergwerks- und Hüttenverein gebracht und später mit 300 anderen Widerstandkämpfern im Rombergpark oder der Bittermark ermordet. Heinrich Czerkus musste für seine politische Überzeugung und seinen Widerstand gegen die Nazis mit dem Leben bezahlen. Der Gedenklauf für Heinrich Czerkus findet jedes Jahr statt, damit diese beispielhaften Menschen, die damals ermordet wurden, nicht vergessen werden.


Die Gebrüder Mörchel

Die Gebrüder-Mörchel-Straße gibt es seit Beginn des Jahres im Stadtbezirk Brackel. Karl und Erich Mörchel, zwei Brüder im Widerstand gegen die Nazis, ein Schicksal. Karl Mörchel wurde 1903 in Ostpreußen geboren und arbeitete als Bergmann auf Dortmunder Zechen. Sein Bruder, Erich Mörchel, wurde 1908 in Dortmund geboren. Die beiden Brüder waren Kommunisten, die im Untergrund aktiv waren. Sie organisierten ihre kommunistischen Treffen an unauffälligen Orten, zum Beispiel in Gartenlauben, dort planten sie mehrere Sabotageaktionen.

Erich Mörchel wurde im Juni 1933 festgenommen. Im darauffolgenden Jahr wurde auch sein Bruder verhaftet. Beide wurden wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ verurteilt. In verschiedenen Zeitungsartikeln war später zu lesen, wie die Verhörten im Gestapohaus Hörde gefoltert wurden. Während des Verhörs wurden Erich Mörchel die Haare büschelweise herausgerissen.

Karl und Erich Mörchel kannten das Risiko, welchem Sie sich aussetzten, hielten es aber trotzdem für ihre Pflicht, für ihre Meinung zu kämpfen. Am 9. Februar 1945 wurden die Brüder zum zweiten Mal verhaftet. Welche Folterungen sie über sich ergehen lassen mussten, ist nicht genau bekannt. Die Brutalität der Gestapo lässt es erahnen.

Am Karfreitag desselben Jahres wurden die Brüder mit anderen Dortmunder Widerstandskämpfern und Zwangsarbeitern ermordet im Rombergpark aufgefunden. Frau Marschefski, die Tochter von Erich Mörchel, hält die Erinnerung an ihren Vater und ihren Onkel wach und kämpft seit Jahrzehnten dafür, dass die Taten des nationalsozialistischen Terrorregimes nicht in Vergessenheit geraten. Sie ist ehemalige Generalsekretärin des Internationalen Rombergpark-Komitees. Wir danken Ihnen für Ihr Engagement!


Zwangsarbeiter

Viele Menschen wurden während des Zweiten Weltkriegs als Arbeitskräfte zwangsweise nach Deutschland verschleppt, da sie den Arbeitskräftemangel in der deutschen Kriegswirtschaft beheben sollten. Neben diesen aus vielen europäischen Ländern verschleppten Zivilarbeitern wurden auch Kriegsgefangene und KZ-Häftlinge zur Arbeit in der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft gezwungen.

1940 bildeten die ausländischen Zivilarbeiter die größte Zwangsarbeitergruppe, und im Herbst 1944 befanden sind bereits 5,7 Millionen ausländische Zwangsarbeiter aus fast allen europäischen Ländern in der deutschen Wirtschaft. Die Rekrutierung hat sich im Laufe des Kriegs immer weiter ausgedehnt, so dass insgesamt bis zu 12 Millionen Menschen als Arbeitskräfte ins Deutsche Reich gebracht wurden. Sie stammten aus 20 Nationen, darunter Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion, Polen, Frankreich, Belgien und den Niederlanden.

Allein in Dortmund wurden in der gesamten Kriegszeit schätzungsweise 80.000 Personen zur Arbeit gezwungen. Die Unterkünfte der Zwangsarbeiter waren auch in Dortmund miserabel und unhygienisch. Sie wohnten in mit Stacheldraht umzäunten Barackenlagern auf den Werksgeländen. Ingesamt existierten 300 Lager im Dortmunder Stadtgebiet und eine Außenstelle des Konzentrationslagers Buchenwald. Arbeitskräfte, die für die westfälische Industrie vorgesehen waren, wurden zuerst in Durchgangslagern untergebracht, um von da aus weiterverteilt zu werden. Hier wurden sie registriert und fotografiert.

Die Lebensverhältnisse der polnischen und sowjetischen Zwangsarbeiter waren am schlechtesten. Häufig fehlte ihnen das Essen, und sie waren schon nach einigen Wochen völlig unterernährt und arbeitsunfähig. Sie besaßen kaum Kleidung, und die meisten mussten aufgrund fehlender Schuhe in schlecht sitzenden Holzpantinen oder barfuß arbeiten. Ihre Baracken waren kaum beheizt und die hygienischen Zustände so katastrophal, dass sich lebensbedrohliche Krankheiten wie Tuberkulose und Fleckfieber sofort in den Lagern ausbreiteten und es somit unzählige Todesfälle gab.

Es war sogar verboten, den Zwangsarbeitern Medikamente zu verabreichen. Anstatt an Tuberkulose Erkrankte zu isolieren, wurden sie mit Schlägen gezwungen ihrer Arbeit nachzugehen. Für Schwache und Kranke konnten bereits der Transport und die katastrophalen Lagerverhältnisse den Tod bedeuten. Jeder Erkrankte war für die Arbeitgeber „nur“ ein Produktionsausfall und ein Kostenfaktor. Sogar vorgesehene Gesundheitsuntersuchungen fanden teilweise erst gar nicht statt, und die tagelangen Transporte erfolgten oft in Viehwaggons und ohne hygienische Vorsorge und Verpflegung.

Es ist festzuhalten: Das Leben der Zwangsarbeiter war gekennzeichnet durch schwere Arbeit, überlange Arbeitszeiten, engstes Zusammenleben unter unhygienischen Bedingungen, schlechte, ungeeignete und kaum ersetzbare Kleidung und Wäsche, mangelhafte Heizung und einseitige, mangelhafte und unzureichende Ernährung.

Eine große Zahl von Zwangsarbeiterinnen und -arbeitern starb an den katastrophalen Bedingungen. So starb zum Beispiel ein Mädchen aus der Ukraine, weil ihre Lunge voller Zement war. Die Deutschen hatten Schutzmasken bekommen, nur die Ausländer nicht. Ein anderer Grund waren Mangelerscheinungen und Hunger. Die Zwangsarbeiter wurden oftmals ohne Frühstück zur Arbeit geschickt. Mittags und abends gab es dann wässrigen Eintopf, der hauptsächlich aus Spinat und Rüben bestand. Kartoffeln galten schon als Delikatesse.

Viele Arbeiter wurden aber auch auf ihrer Flucht erschossen. Im März 1942 hieß es in einem Befehl: „Auf flüchtige Russen ist zu schießen mit der festen Absicht zu treffen!“

Für die Deportierten, Gefangenen und Zwangsarbeiter kam der Tod in vielen Formen: Krankheit und Auszehrung, Arbeits- und Verkehrsunfall und als Kriegstod durch Bomben, weil ihnen der Zutritt zu Bunkern und Kellern verwehrt wurde. Andere aber starben auch durch direkte Gewaltakte der Nazis, wobei Morde oft als Exekution oder Hinrichtung bezeichnet wurden.

Am Rennweg in Wambel befindet sich ein Friedhof für 5.698 Opfer aus 14 verschiedenen Nationen. Ein weiterer Friedhof befindet sich hier in der Bittermark. In der Krypta des Mahnmals hinter mir wurde ein unbekanntes Opfer der Karfeitagsmorde bestattet – symbolhaft für alle Unbekannten, die den Mördern zum Opfer fielen.


Die weiße Rose

Die „Weiße Rose“ war eine Widerstandsgruppe gegen das NS-Regime, welche sich im Frühjahr 1942 im Umfeld der Münchner Universität bildete. Mitglieder und Unterstützer waren vorwiegend Studenten, später auch Professoren und andere Intellektuelle. Die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die Medizinstudenten Christoph Probst, Willi Graf, Alexander Schmorell und Professor Kurt Huber waren die Hauptakteure der Widerstandsgemeinschaft.

Die Gruppe leistete Widerstand, indem sie insgesamt sechs Flugblätter verteilte und regimefeindliche Parolen an öffentlichen Plätzen anbrachte. Die Studenten vereinte eine bereits jahrelange innere Gegnerschaft zum NS-Regime. Die brutale Diktatur, der Antisemitismus und besonders der Vernichtungskrieg im Osten waren starke Motive für den Widerstand.

Die meisten Mitglieder der „Weißen Rose“ waren von einer starken christlichen Glaubensüberzeugung geprägt. Darüber hinaus verbindet sie ein großes Interesse an Literatur und Philosophie. Ein Auslöser für den aktiven Widerstand waren die Predigten des Münsteraner Bischofs Clemens August Graf von Galen. Bischof Galen hatte offen die Verfolgungen durch die Gestapo angegriffen und die „Euthanasie“ als Mord an behinderten Menschen angeprangert und Strafanzeige gestellt. Durch den Bischof ermutigt, planten die Münchner Studenten zunächst die Weiterverbreitung der Predigten, entschlossen sich dann aber, eigene Flugblätter zu verfassen.

Die ersten Flugblätter wurden 1942 hergestellt und waren eine Gemeinschaftsarbeit von Hans Scholl und Alexander Schmorell. Später beteiligten sich auch andere. Schnell erschienen weitere vier Flugblätter, ein letztes, sechstes Flugblatt im Frühjahr 1943. Jedoch waren die Studenten gezwungen, ihre Widerstandstätigkeit zu unterbrechen, weil etliche von ihnen an die Ostfront einberufen wurden. Auch dort leisteten sie passiven Widerstand.

Am 18. Februar 1943 machten Sophie und Hans Scholl sich mit dem sechsten und letzten Flugblatt in einem Koffer auf den Weg, um die Blätter zunächst in der Universität auf Treppenstufen und Fensterbänken zu verteilen. Der Hausmeister Jakob Schmied stellte sie dabei, verhaftete sie und übergab sie umgehend der Polizei. Hans Scholl hatte noch einen handschriftlichen Entwurf von Probst in der Tasche, den er nicht schnell genug beseitigen konnte. Christoph Probst, Vater von drei Kindern, wurde am nächsten Tag verhaftet.

Obwohl die Geschwister Scholl versuchten, die gesamte Schuld auf sich zu nehmen, wurden alle drei am 22. Februar 1943 zum Tode verurteilt und noch am gleichen Tag hingerichtet. Alexander Schmorell versuchte zu fliehen, wurde jedoch einige Tage später verhaftet und starb zusammen mit Kurt Huber am 13. Juli 1943. Willi Graf wurde am 12. Oktober 1943 hingerichtet.

Fast 80 weitere Mitglieder des Kreises, die zum Teil nur am Rande mitgearbeitet hatten, wurden verhaftet. Sie wurden hingerichtet oder starben im Gefängnis oder im KZ. Als Hans Scholl hingerichtet wurde, waren seine letzten Worte: „Es lebe die Freiheit!“


Gemeinsam Widerstand leisten

Sehr geehrte Damen und Herren,

das, was hier vor 66 Jahren geschah, ist eines der schrecklichsten und grausamsten Verbrechen, die in Dortmund zur Zeit der Nazi-Diktatur begangen wurden. Das Gedenken verpflichtet uns, aufmerksam und konsequent auf Hass und Diskriminierung zu reagieren.

Auf meiner Schule gibt es einige Mitschüler und Mitschülerinnen mit ausländischen Wurzeln, und das ist auch gut so. Denn es ist wichtig, dass viele verschiedene Kulturen aufeinander treffen, damit eine große Vielfalt herrscht und Immigranten nicht diskriminiert werden und nicht in Angst leben müssen.

Wir, die Schüler der Geschwister-Scholl-Gesamtschule, beteiligen uns an dem Projekt „Schule ohne Rassismus/Schule mit Courage“. Wir wollen gemeinsam ein Zeichen gegen Rassismus setzten. Wir wollen, dass Rassismus, Faschismus und Diskriminierung keine Zukunft haben.

Ich möchte, dass alle meine Mitschülerinnen und Mitschüler, egal aus welchen Ländern sie stammen und welche Nationalität sie haben, egal welche Glaubensrichtung sie vertreten, genau so zufrieden leben können wie ich.

Denn auch heute noch gibt es bei uns Menschen, die rassistische und faschistische Ideen und Gedanken haben.

Wenn wir zusammenhalten, wenn alle Menschen gemeinsam, egal ob jung oder alt, gegen Nazis Courage zeigen, dann schaffen wir das auch, dass alle meine Mitschülerinnen, egal woher sie kommen oder woher sie stammen, in Ruhe und in Frieden hier in Deutschland leben können. Das Gedenken an die Opfer der Nazi-Verbrechen ist ein Thema, das auch heute noch alle angeht. Wir müssen gemeinsam gegen die Nazis vorgehen!

Seit einigen Jahren gibt es immer größere Veranstaltungen gegen die Naziszene in Dortmund, weil sie hier in unserer Stadt ihre unsäglichen Aufmärsche veranstalten. Auch dieses Jahr am 3. September werden zahlreiche Aktionen und Veranstaltungen gegen Nazis in Dortmund stattfinden. Ich hoffe natürlich, dass zahlreiche Menschen, egal wie alt sie sind, an diesem Tag ein Zeichen gegen Rechts setzen.

Ich rufe dazu auf, dass wir alle gemeinsam den rechten Gruppierungen zeigen, dass sie hier unerwünscht sind, und dass wir alle Widerstand leisten!