1. September in der Steinwache: Gegen Krieg! Nie wieder Faschismus!

Am Samstag, dem 1. September 2012, findet um 16 Uhr an oder in der Steinwache die Gedenkveranstaltung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum internationalen Antikriegstag statt. Der Förderverein Gedenkstätte Steinwache / Internationales Rombergpark-Komitee ist Mitveranstalter. Es sprechen Oberbürgermeister Ullrich Sierau und die DGB-Vorsitzende Jutta Reiter.

„Man kann nicht halbe Jüdin sein“

Vera Friedländer liest aus Ihrem Buch

Donnerstag, den 6. September 2012, 19 Uhr in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache

Über ihr Buch und ihre Biographie berichtet Sie in eigenen Worten:

Die 1. Auflage von „Man kann nicht eine halbe Jüdin sein“ erschien 1982 unter dem Titel „Späte Notizen“. Insgesamt sind vier Auflagen erschienen, die letzte 2009.

Es ist ein literarischer Bericht über eine große jüdische Berliner Familie, die nicht mehr existiert. Ich habe meine Erinnerungen an die Menschen, die mir nahe waren, aufgeschrieben. Es geht in dem Buch um die letzten Jahre der Nazi-Zeit.

Ich erzähle die Geschichte des jungen Mädchens, das ich damals war und dessen Jugend bestimmt war vom Abschied nehmen von denen, die emigrierten oder versuchten, in die Schweiz zu fliehen; auch von der Angst um die jüdische Mutter und um den nicht-jüdischen Vater, der ins Lager kam, weil er sich nicht von seiner Frau scheiden ließ. Und ich selbst musste als 16-jährige Zwangsarbeit unter SS-Bewachung leisten. Trotz der Ängste und Gefahren gab es für mich auch gute, freundliche Zeiten. Ich erhielt Hilfe durch mutige Menschen. Zum Beispiel konnte ich, der nur acht Jahre Volksschule erlaubt waren, illegal eine Handelsschule besuchen, weil der Rektor auf dem Aufnahmeschein bei der Frage nach der „arischen Abstammung“ ein Ja schrieb.
Das Buch zu schreiben, war sehr schwer, weil ich beim Erinnern alles noch einmal erlebte. Aber ich schrieb das Buch, weil ich den Menschen, die es nicht mehr gibt, wieder ein Gesicht geben wollte.

Nach 1945 holte ich nach, was mir bis dahin verwehrt worden war: Studium an der Vorstudienanstalt der Humboldt-Universität (Vorläuferin der ABF/Arbeiter-und-Bauern-Fakultät), Germanistik-Studium, Arbeit als Lektorin und zurück an die Universität. Es folgten von 1960-1986 Promotion und Habilitation und eine Professur für Deutsche Sprache. Zwischendurch, von 1975-1981, Arbeit an der Warschauer Universität, gleichzeitig beim Polnischen Rundfunk (Deutschkurse); für diese Tätigkeit wurde ich mit dem Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Preis ausgezeichnet.

1990 gründete ich die Friedländer-Schule, die seitdem eine anerkannte Berliner Sprachschule ist. Ich wurde nach 40-jähriger Ehe Witwe und habe Kinder und Enkel.

In Polen begann ich Literarisches zu schreiben. Das erste Buch erschien 1982. Darin schildere ich meine Erlebnisse der Nazi-Zeit, vor allem die Deportationen von Menschen, die mir nahe waren. In meiner 2009 erschienenen Autobiografie gebe ich weitergehende Auskunft über mich. Autobiografisches enthält auch der in diesem Jahr erschienene Roman „Fliederzeit“, in dem ich die Zeit nach 1945 mit stark autobiografischen Elementen schildere. Ich schrieb Erzählungen, Romane, Beiträge für die „Weltbühne“ und für „Ossietzky“ und gemeinsam mit meinem Mann eine „Kleine Geschichte der geografischen Entdeckungen“.

Hinweis
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder sie von dieser auszuschließen.

Carlo Travaglini – ein Dortmunder in der italienischen Resistenza

30. August 2012, 19 Uhr, Vortrag in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund

Carlo Travaglini wurde am 2. November 1905 als Sohn des italienischen Offiziers Vincenzo Travaglini und der Deutschen Hedwig Müller in Dortmund geboren. Er wuchs in Dortmund auf und studierte in Köln. Nach seiner Doktorarbeit in Literatur arbeitete er als Journalist. Schon 1933 eckte er bei den neuen Machthabern an und verlor seine Anstellung in Olpe. 1936 wurde er in Berlin von der GeStaPo verhaftet und in ein KZ verschleppt. Seine doppelte Staatsbürgerschaft rettete ihn, und mit 32 Jahren wurde er 1937 als „unerwünschter Ausländer“ nach Italien ausgewiesen.

Ein außergewöhnliches Partisanenleben…

Was Carlo Travaglini nach seinem Eintritt in die antifaschistische Resistenza 1943 tat, hört sich wie ein Parforce-Ritt durch alle Facetten des militanten Widerstands an. Und mehr noch: Es ist wie eine reale Vorlage für den Hauptmann von Köpenick und den Protagonisten aus Ernst Lubitschs „Sein oder Nichtsein“, eine Mischung aus einem Mailänder Oskar Schindler und Tarantinos „Inglourious Basterds“. Sein Mut und seine Dreistigkeit suchten ihresgleichen.

Er unterwanderte die deutsche Militäradministration und entließ mit gefälschten Papieren inhaftierte Zwangsarbeiter. Er organisierte Sprengstoffanschläge auf deutsche Militäreinrichtungen, flog auf und musste fliehen, kämpfte als Partigiano in den Bergen, kehrte nach Mailand zurück und organisierte in einer kleinen Gruppe kühne Attentate.

… und ein unbekanntes Partisanenleben

Keiner politischen Ideologie und Partei zuzuordnen, verweigerte sich Carlo Travaglini der Funktionalisierung der Resistenza im Italien der Nachkriegszeit. So erhielt sein Engagement in der antifaschistischen Resistenza auch keinen Eingang in die offizielle Geschichtsschreibung.

Der Historiker und langjährige Mitarbeiter des Mailänder ISEC (Istituto per la historia dell‘ eta contemporanea), Luigi Borgomaneri, hat zu der Geschichte des gebürtigen Dortmunders geforscht. Am 30. August wird er das bewegte Leben von Carlo Travaglini in dessen Heimatstadt vorstellen.

Eine Veranstaltung der Geschichtswerkstatt Dortmund-Hörde

Hinweis: Personen, die dem rechtsextremen Spektrum zuzuordnen sind, ist der Zutritt untersagt.