8./9. Mai – Tag der Befreiung und des Sieges

Als in der Nacht vom 8. zum 9. Mai 1945 in Berlin-Karlshorst Vertreter des Oberkommandos der deutschen Wehrmacht vor den Vertretern der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition die offizielle Urkunde über die bedingungslose Kapitulation unterzeichnet hatten, war ein verbrecherisches System zerschlagen worden, dessen Weltherrschaftspläne, Herrschaftspraxis und Rassenwahn die menschliche Zivilisation in Frage gestellt hatten.

Die Bilanz des Zweiten Weltkrieges ist eine Bilanz des Schreckens: Mehr als 60 Millionen Menschen starben bei Kampfhandlungen, durch Repressalien, Massenvernichtungsaktionen und Kriegseinwirkungen. Von den 18 Millionen Menschen, die das Naziregime in Konzentrationslager brachte, wurden elf Millionen ermordet oder durch Arbeit vernichtet. Unfassbar der industrielle Massenmord an sechs Millionen europäischer Jüdinnen und Juden, die – wie auch Sinti und Roma – dem Rassengenozid zum Opfer fielen.

In Deutschland mussten fast acht Millionen und in Japan über zwei Millionen Menschen aus den eroberten Ländern Zwangsarbeit leisten. Mit über 27 Millionen Menschen hatte die Sowjetunion die mit Abstand größten Verluste zu beklagen. China zahlte mit 15 Millionen, Polen mit sechs Millionen, Jugoslawien mit 1,7 Millionen, Frankreich mit etwa 800.000, die USA und Großbritannien mit jeweils 400.000 und Italien mit 300.000 Toten ebenfalls einen hohen Blutzoll.

Der Sieg über den Faschismus und die Befreiung Europas bleiben eine Leistung aller Verbündeten in der Anti-Hitler-Koalition. Nur in einer gemeinsamen Anstrengung konnte die menschliche Zivilisation vor einem Terrorregime gerettet werden, das vor keinem Verbrechen zurückschreckte. Die Bedrohung führte Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung und Menschen unterschiedlichster Weltanschauung und politischer Orientierung zusammen. Die Lieferungen von Waren, Waffen und Ausrüstungen halfen der Sowjetunion, dem Druck des hochgerüsteten Aggressors standzuhalten. Die lang erwartete und hinausgezögerte zweite Front, die Landung der Westalliierten in der Normandie, verkürzte die letzte Phase des Krieges in Europa erheblich.

An der Seite der Streitkräfte der Anti-Hitler-Koalition kämpften Partisanen und Widerstandskämpfer in allen okkupierten Gebieten für die Freiheit ihrer Länder. Deutsche Antifaschisten reihten sich ebenfalls in die Armeen der Anti-Hitler-Koalition und in die Partisanen- und Widerstandsgruppen ein. Nicht vergessen werden dürfen die mutigen Frauen und Männer, die aus den unterschiedlichsten Motiven unter ständiger Lebensgefahr im Deutschen Reich Widerstand gegen das Naziregime leisteten. Diese Minderheit verkörperte die lange enttäuschten Hoffnungen auf ein anderes Deutschland.

Die Hauptlast im Kampf gegen Nazi-Deutschland trug die Sowjetunion. Sie hatte den entscheidenden Anteil am Sieg. Die Ostfront war die Hauptfront des Zweiten Weltkrieges. Lange bevor endlich die zweite Front eröffnet wurde, hatten sowjetische Soldaten den Feind vor Moskau gestoppt, in Stalingrad und im Kursker Bogen die Wende des Krieges erzwungen.

Der Preis für diese Leistung war hoch. Über elf Millionen sowjetische Soldaten ließen dafür an der Front ihr Leben. Mehr als 13 Millionen Zivilpersonen wurden getötet oder starben unter den unmittelbaren Kriegseinwirkungen. Belorussland verlor ein Viertel seiner Einwohner. In Städten wie Leningrad, Smolensk oder Pskow überlebten ein Drittel der Einwohner die Kampfhandlungen nicht. Der deutsche Aggressor hinterließ eine Spur der „verbrannten Erde“: 1.710 Städte und 70.000 Dörfer, 31.800 Industriebetriebe, 13.000 Brücken und 65.000 Kilometer Eisenbahnnetz zerstört, gesprengt oder niedergebrannt.

Der Krieg war im April 1945 an seinen Ausgangspunkt zurückgekehrt. In der Hauptstadt Berlin waren mit der Machtübertragung an die Faschisten im Januar 1933 die Weichen für die „Neuordnung Europas“ gestellt worden. Von hier aus wollten sie sich als „Tausendjähriges Reich“ über die versklavten Völker erheben. Dem Terror nach innen folgte der Terror nach außen. Die Revision des Versailler Vertrages war das Vorspiel zur Eroberung von „Lebensraum“ und Rohstoffquellen, die den planmäßigen Völkermord einschloss.

Der 8. Mai 1945 markiert das Ende der nazistischen Diktatur. Mit ihm endeten die Durchhalteparolen und die Illusionen vom „Endsieg“. Mit ihm endete auch die systematische Vernichtungspolitik der Nazis. Für Millionen von KZ-Häftlingen, Zwangsarbeitern, Sinti und Roma, politischen Gegnern und sonstigen „Feinden“ war die bedingungslose Kapitulation der deutschen Wehrmacht am 8. Mai 1945 der Tag der Befreiung, für Widerstandskämpfer in allen besetzten Ländern, für Partisanen und deutsche Antifaschisten war er gleichzeitig ein Tag des Sieges.

Obwohl die besiegten Faschisten bereits am Abend des 8. Mai 1945 gegenüber den Truppen der Sowjetunion kapitulierten, wurde die Siegesmeldung erst einige Stunden später, um 2.10 Uhr morgens über Radio Moskau bekannt gegeben. Zusammen mit der Meldung von der bedingungslosen Kapitulation des Deutschen Reiches erklärte das Präsidium des Obersten Sowjet den 9. Mai zum landesweiten arbeitsfreien Feiertag zu Ehren des Sieges über Nazideutschland. Seitdem wird der 9. Mai in vielen Ländern der ehemaligen Sowjetunion als „Tag des Sieges“ gefeiert.

Foto-Ausstellung in der Steinwache über den „vergessenen Völkermord“ an den Armeniern

Armin T. Wegner: Der vergessene Völkermord. Fotografien 1915/16

Ausstellung in der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, Dortmund, vom 10. Mai bis 24. Juni 2012

Der Wuppertaler Armin T. Wegner (geb. 1887, Elberfeld, gest. 1978, im Exil in Rom) – Schriftsteller, Essayist, Reisender und kritischer Beobachter seiner Zeit – zählt zu den weithin vergessenen Autoren des 20. Jahrhunderts.

Wegner avancierte in den zwanziger Jahren mit seinen Reiseberichten „Fünf Finger über Dir“ (1930) und „Am Kreuzweg der Welten“ (1930) zum Bestsellerautor. Die Texte des vom Orient faszinierten Schriftstellers erzählen von seinen ausgedehnten und abenteuerlichen Reisen, die er zusammen mit seiner Frau, der jüdischen Dichterin Lola Landau, unternahm.

Der lebenshungrige und abenteuerlustige Dichter vergaß jedoch nie, auch hinter die Kulissen der Zeitgeschehnisse zu blicken. So wurde er 1915 – als Sanitätsoffizier des Roten Kreuzes in Bagdad – Zeuge von der Vertreibung der Armenier. Trotz Verbots begab er sich in die Flüchtlingslager, fotografierte, schmuggelte Briefe der Verfolgten zur amerikanischen Botschaft und die entstandenen Bilder unter seiner Bauchbinde nach Deutschland.

Der umfangreiche Nachlass des Dichters und leidenschaftlichen Fotografen liegt im Deutschen Literaturarchiv Marbach. Neben Briefen, Tagebüchern, Arbeitsmaterialien und einigen Romanfragmenten finden sich darin auch etwa 6700 Fotografien.

In der Steinwache werden jene Aufnahmen gezeigt, die Wegner mit seiner Plattenkamera von der Vertreibung und den Morden an den Armeniern machte. Da nur die Glasdiapositive zu seinem Vortrag, den er zwischen 1919 und 1924 hielt, überliefert sind, werden die Fotos in neuen Drucken ausgestellt. Weitere in Wegners Nachlass überlieferte Bilder aus dem Kontext des Völkermords, die nicht eindeutig dem Fotografen Wegner zugeordnet werden können, sind über eine Dia-Projektion zu sehen.

Zwischen 1919 und 1933 arbeitete Wegner an einem umfangreichen Roman zum armenischen Völkermord. Die Verhaftung durch die Gestapo im August 1933, Folter u.a. im KZ Columbia Haus in Berlin und Gefangenschaft in mehreren Konzentrationslagern verhinderten schließlich den Abschluss dieses Unternehmens.

Kuration der Ausstellung: 
Prof. Dr. Andreas Meier (Bergische Universität Wuppertal)
Judith Schönwiesner, M.A. (LVR)


Programm 

10. Mai 2012

19 Uhr Eröffnung

Begrüßung Dr. Stefan Mühlhofer

„Der Augenzeuge. Armin T. Wegner und der armenische Völkermord“
Vortrag zur Ausstellung von Prof. Dr. Andreas Meier (Bergische Universität Wuppertal):

Grußwort von Ulrich Klan (Vorsitzender der Armin-T.-Wegner-Gesellschaft) und musikalisches Rahmenprogramm


18. Mai 2012

19 Uhr „Operation Nemesis und der armenische Völkermord“
Vortrag von Dr. Rolf Hosfeld (Lepsiushaus, Potsdam)


30. Mai 2012

19 Uhr „Aghet – ein Völkermord“. Ein Film von Eric Friedler (ARD, 2010)
Filmabend mit Diskussion


22. Juni 2012

19 Uhr Armin T. Wegner: „Die Austreibung des armenischen Volkes in die Wüste“
Vortrag mit Lichtbildern
Sprecher: Claus D. Clausnitzer
Moderation: Prof. Dr. Andreas Meier